(Klein-)Gärten, Parks und Grünflächen

Ich möchte die Gartenkultur auch als wichtigen grünen Wirtschaftszweig (Garten- und Landschaftsbau) in der Politik vertreten.

Baudenkmale verkörpern nicht nur die Geschichte, sondern prägen auch die Identität der Stadt. Gartendenkmale sind mit ihrer natürlichen Veränderlichkeit noch fragilere Zeitdokumente, die gleichzeitig aber wichtige ökologische und Erholungsfunktionen erfüllen.

Die Frage der Nachverdichtung der Stadt, der Lückenschluss, um die Zersiedelung der Peripherie einzudämmen, ist in der Vergangenheit stellenweise zu einer Kampfansage gegen „unproduktive Flächen“ geworden. Ich will mit Euch umdenken lernen. Brachen sind nicht unproduktiv. Sie sind nur aktuell aus dem Verwertungsprozess gefallen. Gefallen können Sie aber den angesiedelten Pflanzen ebenso, wie seltenen Tieren und menschlichen Betrachtern.

Auch Schönheit an sich ist ja nicht produktiv. Nach Immanuel Kant ist sie noch nicht einmal nützlich. Für den Betrachter ist Schönheit allerdings erbauend und somit von Wert. Diesen Wert wäre schön, schätzen zu lernen. Den Wert der Freiflächen schätzen, ohne diese gleich ökonomisch zu verwerten.

 

Laßt uns gemeinsam die Stadt begrünen! Eine grünere Stadt ist machbar. Grün in Berlin ist pflanzbar.

 

Das Manifest der Stadtgärtnerei

Informelle Fassung Sibylle Centgraf auf Grundlage der Papiere von Guido Falk und Dr. Gabriele Holst, Berlin

Die StadtgärtnerInnen sind eine lose Vereinigung ehrenamtlich aktiver LandschaftsarchitektInnen und GärtnerInnen. Unterstützung erhalten wir von Studierenden und Lehrenden sowie den Medien und allen freiwilligen HelferInnen, die sich solidarisieren wollen.

Da ein erheblicher  Teil der Mitstreiter sich aus Mitgliedern der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur (DGGL) rekrutiert, lag es nahe, sich unter den Mantel der DGGL zu begeben und deren Infrastruktur zu nutzen.

Zielbestimmung

Unser Ziel ist es, den öffentlichen Fokus auf vernachlässigte Perlen öffentlicher Freiraumkultur zu richten und das allgemeine Bewusstsein für den hohen Kulturwert des Stadtgrüns zu schulen. Insbesondere dem gärtnerischen Laien soll die prekäre Situation des öffentlichen Grüns sichtbar und erfahrbar gemacht werden.

Ausgangslage

Wir weisen darauf hin: der öffentliche Freiraum übernimmt eine wichtige Funktion der öffentlichen Sozialfürsorge. Er trägt eine sozialemanzipatorische Funktion. Gärtnerische Freianlagen stehen allen sozialen Schichten offen. Alle, auch die sozial benachteiligten Mitbürger finden hier zu jeder Zeit frei und ohne ein Entgelt den vielleicht letzten Raum zur Selbstentfaltung. Einigen Menschen müssen die Anlagen kompensatorisch sogar als Wohnstatt zur Verfügung stehen.

Mit dem öffentlichen Grün wächst den Verantwortlichen also eine vielfältige Verantwortung zu, die weit über eine Erholungsfunktion in der Stadt hinaus geht. Das soziale Grün ist eine kulturelle Errungenschaft emanzipatorischer Bewegungen der letzten gut dreihundert Jahre.

Unsere Sicht auf die schleichende Verwahrlosung großer Teile öffentlichen Grüns entspringt einem professionellen Blick auf das Grün, mit den damit verbundenen Ansprüchen. Die Qualitäten, die mit ursprünglichen Planungsabsichten verbunden waren, ihre mehr oder minder kompetenten und künstlerischen Inhalte, deren Verwirklichung und Pflegezustand bzw. deren sichtbarer Verfall bleiben dem Laien oft verborgen. Viele Anlagen werden nahezu unbemerkt dem schleichenden Schwinden anheim gegeben, ohne dass es auffällt, da eine differenzierte Wahrnehmung für die unterschiedlichen grünen Qualitäten kaum vorhanden ist. Dieses Schwinden wollen die Protagonisten der Stadtgärtnerei aufzeigen und ihm mit „Hand und Herz“ entgegenwirken.

Potentiale

Jammern und klagen hilft nicht, darum werden wir an einzelnen Projekten „handgreiflich“, um unsere Ziele auch praktisch aufzuzeigen.

-          Im praktisch-gärtnerischen Tun unter Einbindung einer breiten grünen Basis möchten wir alle Betroffenen für den hohen kulturellen Wert öffentlicher Gärten und grüner Freiräume sensibilisieren.

-          Dazu ist es notwendig, handelnd und koordinierend einzugreifen, wo es nötig und öffentlich besonders wirksam ist. So werden die Projekte so ausgesucht, dass sie im Zentrum der  öffentlichen Wahrnehmung stehen, um ein möglichst großes Publikum erreichen zu können.

-          Die Entwicklung, Erhaltung und Mehrung der materiellen und ideellen Wertigkeit von Gärten und Grünanlagen ist ohne qualifizierte Pflegerinnen nicht möglich. Wir möchten vor allem den Aspekt der kulturellen Mehrung durch achtsame Begleitung gegenüber den üblichen kostenintensiven Erneuerungen stärken.

-          Besonders die ideellen Werte, die vor allem im Bereich von ästhetischen und identitätsstiftenden Qualitäten zu verorten sind, finden wir nur in den Anlagen und Gärten, die in guter Pflege gereift sind. Das Zulassen eines würdevollen Alterns ist nicht zuletzt auch eine kulturelle Aufgabe, den Menschen für da eigene Vergehen zu sensibilisieren.

-          In alten Gärten akkumulieren auch die ständigen pflegenden Eingriffe verschiedener Gärtnerinnen und Generationen. Dies zieht ebenso die generationenübergreifende Rezeption und Interpretation nach sich, was insbesondere von den aktuellen Betrachterinnen subtil als allgemeines Wertgefühl ästhetisch rezipiert und so als ein besonderer Wert an sich bewusst werden kann.

Der Anspruch der Stadtgärtnerei Kulturgüter zu erhalten und Kultur zu pflegen entspringt der politischen Sorge um die schöne und soziale Stadt („Berlin genießen“ & „Berlin erleben“). Sie versteht sich ausdrücklich nicht als kulturalistischer Ansatz im Sinne einer Affirmation von Kultur. Kulturgüter und –techniken sollen vielmehr in Hinblick auf das politische, demokratisch in Gesellschaft eingegliederte und aufgeklärte Subjekt mit ästhetischem und sozialemanzipatorischem Anspruch gepflegt, erhalten und weiterentwickelt werden („Berlin selber machen“).

Neue Konventionen bezüglich der besorgten Kulturgüter und -techniken sollen im Diskurs als Möglichkeiten subjektiver Entfaltung in der Gesellschaft angestrebt werden. Angesichts offenbar nicht mehr tragender Strukturen und Konventionen geht es dem Projekt der Stadtgärtnerei darum neue, gesellschaftlich im Rahmen geltenden Rechts tragfähige Wege zu finden und zu beschreiten. So kann der von Ansatz der Stadtgärtnerei sicher als politisch pragmatisch verstanden werden, denn er ist einer breiten Öffentlichkeit zugänglich, nachvollziehbar und wir hoffen aktiv vertretbar.

Das erste Projekt der Stadtgärtnerinnen:

der in den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts ursprünglich von Willy Alverdes angelegte Steppengarten am kürzlich rekonstruierten Venusbassin im Großen Tiergarten.

Der Steppengarten und der Goldfischteich, eine in organisch landschaftlicher Linienführung aus den Resten des Venusbassins abgeleitete Wasserfläche, wurden in den fünfziger Jahren nach Vorstellungen und Plänen von Alverdes neu angelegt. Diese Neuanlage geschah auf der durch Krieg und aus Not geborenen Grabelandnutzung im Großen Tiergarten. Der Steppengarten stellt eine eigene, nicht zu vernachlässigende Kulturschicht gärtnerischen Schöpfens im Gefüge des Gartendenkmals Großer Tiergarten dar.

Bis in die neunziger Jahre wurde diese Fläche von ausgebildeten Gärtnerinnen mit zum Teil hohem ideellen Einsatz vorbildlich gepflegt. Dem Sparzwang des Senats geschuldete Personal- und Mittelkürzungen sowie die Unterordnung der bis dahin selbständigen Gartenämter zu den Tiefbauämtern ließen eine sach- und fachgerechte gärtnerische Pflege offensichtlich nicht mehr zu.

Wir haben nun in einer Neuinterpretation der alten Pläne nach einer präzisen Standortauswertung und Bestandsaufnahme die Wiederanlage des Steppengartens vorgenommen und durch gezielte Pflegeeingriffe nach Pflanzenbildern ausgerichtet. Dabei wurden 5.000 Stauden und 1.000 Zwiebeln gesetzt, die entweder selbst vorkultiviert oder gespendet wurden. Über die Initiative und die Pflanzung hat der rbb bereits einen Kurzbeitrag gesendet. Hier die Homepage zur Präsentation unserer Arbeit im World Wide Web.